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14.10.2022

Scheele / Pongratz: Ärzte im Bezirk Baden schmerzlich vermisst

Landarztgarantie der ÖVP gescheitert

 

Im Bezirk Baden fehlen Haus- und Fachärzte mit Kassenvertrag. „Dass mehr Ärzte benötigt werden, liegt daran, dass der Bezirk immer weiter wächst – alleine in den letzten 40 Jahren um knapp 40.000 EinwohnerInnen, auf 147.850. Auch die Lebenserwartung steigt und damit der Anteil älterer und kranker Menschen“, erklärt SPÖ-Landtagsabgeordnete Karin Scheele, die einen Überblick über die ärztliche Versorgung im Bezirk Baden gibt. Jeweils 2.347 EinwohnerInnen kommen auf eine/n AllgemeinmedizinerIn mit Kassenvertrag. Auf FachärztInnen mit Kassenvertrag kommen im Bereich Innere Medizin 16.428 BürgerInnen, in der Kinder- und Jugendheilkunde 10.633 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre, in der Urologie 6.010 Männer, älter als 60 Jahre, in der Gynäkologie 12.586 Frauen und bei Lungenerkrankungen 73.925 potentielle PatientInnen.

 

 

SPÖ Gesundheitssprecherin, LAbg. Mag. Karin Scheele zum Ungleichgewicht in der Gesundheitsversorgung mit Kassen- und WahlärztInnen:

„Die Landeshauptfrau hat vor vier Jahren den NiederösterreicherInnen die Garantie dafür gegeben, dass auch in Zukunft alle Landarztpraxen besetzt sind, um die Menschen wohnortnah und kompetent zu versorgen“, erinnert GVV-Bezirksvorsitzender Bgm. Daniel Pongratz: „Die Realität ist leider eine andere, auch wenn es derzeit im Bezirk Baden. 63 AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag gibt. Die wachsende Bevölkerungszahl und der fehlende Ausbildungsschub werden es notwendig machen, dass die Kassenstellen bei den AllgemeinmedizinerInnen aufgestockt werden.“ Bei den niedergelassenen ÄrztInnen drohe dazu eine wahre Pensionierungswelle – bis zu 60 Prozent aller AllgemeinmedizinerInnen erreichen in den nächsten zehn Jahren das Pensionsalter.

 

„Daher braucht es JETZT eine gemeinsame Kraftanstrengung und ein klares Bekenntnis zum solidarischen Gesundheitssystem und zu einem niederschwelligen, wohnortnahen Angebot. Es ist einerseits notwendig die zukünftige Versorgung nachhaltig sicher zu stellen und es ist essentiell, attraktive Arbeitsregion für junge ÄrztInnen zu sein, was bedeutet, dass man die Work-Life-Balance steigern muss und sie von unverhältnismäßigem, bürokratischem Aufwand befreien muss“, fordert LAbg. Karin Scheele mutiges und engagiertes Anpacken – für einen Arztbesuch ohne Zusatzkosten und ohne monatelange Wartezeiten.

 

Die SPÖ NÖ hat kürzlich Maßnahmen im Gesundheitsbereich vorgestellt, die einerseits eine Ausbildungsoffensive vorsehen – dazu gehört ein Ausbau des LandärztInnen-Stipendiums, der vollständige Abruf des Studienplätze-Kontingents für Niederösterreich, inklusive eines klaren Anreizsystems und der Forcierung der Ausbildung mit Schwerpunkt Allgemeinmedizin zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung. Außerdem braucht es die Wiedereinführung landesfinanzierter GemeindeärztInnen, mit einem klar definierten Aufgabenkatalog – etwa der schulärztlichen Versorgung. Es braucht eine Überarbeitung der Honorarsysteme für KassenmedizinerInnen, die Beseitigung des Verwaltungsaufwandes und attraktive Arbeits- und Anstellungsmodelle. Und zu guter Letzt müsse man für den Ausbau der Primärversorgungs-Zentren sorgen, unterstützt Scheele die Vorhaben der SPÖ NÖ: „Dies würde für ganztägige medizinische Versorgung für die NiederösterreicherInnen und bestmögliche Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Kassen-ÄrztInnen sorgen.“

 

Karin Scheele zeigt sich in diesem Zusammenhang auch über die aktuellen Diskussionen zur Abschaffung des Mutter-Kind-Passes sehr beunruhigt. Die SPÖ spricht sich klar dafür aus, dieses so wichtige Instrument auch in Zukunft den Familien und den Kindern weiterhin zur Verfügung zu stellen. Scheele erinnert sich, dass vor der Einführung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen durch Bruno Kreisky, Österreich Schlusslicht in Sachen Gesundheit war. Scheele: „Man kann mit dem MK-Pass viel besser präventiv bei Mutter und Kind tätig sein und kann so sehr früh bei Bedarf reagieren als später, wenn man unter Umständen nur noch kurierend behandeln kann. Daher ein klares JA von Seiten der SPÖ für die weitere Finanzierung des Mutter-Kind-Passes.“

 

Zwt.: Pongratz will Gesundheitssystem, das für alle da ist und darauf schaut, dass sowohl präventiv als auch akut jedem die notwendige Behandlung zu Teil wird

„Viele ÄrztInnen sind an ihrem Limit angekommen. Sie würden gerne neue PatientInnen aufnehmen, können aber nicht, weil es keine Kapazitäten mehr gibt“, weiß der Vorsitzende des Gemeindevertreterverbandes der SPÖ im Bezirk Baden Bgm. Daniel Pongratz: „Es zeigt sich, dass die Landarztgarantie der ÖVP zahnlos ist.“ Inzwischen seien die Gemeinden die einzigen, die sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die hausärztliche Versorgung gesichert ist. Vakant sind derzeit fünf Kassenarztstellen in Baden, Pottendorf, Bad Vöslau und Günselsdorf, wo teilweise seit 2021 AllgemeinmedizinerInnen gesucht werden. In Traiskirchen ist z.B. seit 1.4.2019 eine Kassen-Kinderarztstelle unbesetzt. „Nicht die Zuständigen im Bund, Land NÖ und der österreichischen Gesundheitskassa sind diejenigen, die für Ersatz kämpfen, wenn jemand in Pension geht“, weiß Pongratz: „Es sind die GemeindevertreterInnen, denen die medizinische Sicherheit ihrer BürgerInnen am Herzen liegt. Weil eine gute medizinische Versorgung zur Lebensqualität dazu gehört.“

 

Vor allem die Verantwortlichen des Landes NÖ – zuvorderst Landeshauptfrau Mikl-Leitner - die vollmundig Garantien aussprechen, seien gefordert für die notwendigen Besetzungen der Stellen zu sorgen, verlangt Pongratz Initiative: „Wenn für 147.850 BadenerInnen genau 2 Lungen-Fachärzte mit Kassenvertrag zur Verfügung stehen - und das in einer Pandemie-Situation, mit Auswirkung auf dieses Organ - spricht das ohnehin Bände.“ Auch in einem besonders heiklen Bereich der Vorsorge ortet Pongratz Engpässe, die auch etwa auf die vorhandenen KinderärztInnen umgelegt werden könnten: „Wir haben im Bezirk Baden genau drei Urologen mit Kassenvertrag. Das sagt der Menschenverstand, dass sich das nicht ausgehen kann und dass die Badener entweder gezwungen sind zu einem Wahlarzt auszuweichen und zu zahlen oder dass sie erst gar nicht hingehen. Damit riskieren sie behandelbare Erkrankungen nicht rechtzeitig zu erkennen. Beides wollen wir nicht. Beides kann nicht im Sinne handelnder Politik sein und ist in jedem Fall nicht im Sinne der Sozialdemokratie. Wer Steuern zahlt, soll dann auch auf die Leistungen des Staates zugreifen können. Und dazu gehört ein Gesundheitssystem, das für alle da ist und darauf schaut, dass sowohl präventiv als auch akut jedem die notwendige Behandlung zu Teil wird.“

 

Rechenbeispiel - Urologe:

Im Bezirk gibt es 3 Urologen. Wenn man nur die Männer über 60 Jahre heranzieht, so kommen auf einen Urologen 6.010 Patienten über 60. Hätte dieser alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste er täglich 16 Männer untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus, wären das etwa 24 Männer täglich.

Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60, für die ebenso die Empfehlung ausgesprochen ist einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zu kommen.

 

Bei NeurologInnen stellt sich die Situation ähnlich dramatisch dar: Hier stehen den PatientInnen lediglich 2 FachärztInnen zur Verfügung. Dafür ordinieren 15 WahlärztInnen für diesen medizinischen Bereich, das zeigt, dass der Bedarf an NeurologInnen eklatant vorhanden ist!  

 

 

EinwohnerInnen des Bezirks Bruck/Leitha (Quelle: www.noel.gv.at):

·      Gesamt: 147.850 (72.333 Männer; 75.517 Frauen)

·      Unter 15: 21.265 (10.806 m; 10.459 w)

·      15 – 60 Jahre: 86.641 (43.497 m; 43.144 w)

·      60 Jahre und älter: 39.944 (18.030 m; 21.914 w)

 

ÄrztInnen der wichtigsten Fachrichtungen im Bezirk Baden (Quelle: www.arztnoe.at):

·      Allgemeinmedizin: 63 mit Kassenvertrag; 65 ohne Kassenvertrag (+ 37 Vorsorge-ÄrztInnen)

·      Innere Medizin: 9 mit Kassenvertrag; 23 ohne Kassenvertrag (+ 13 Vorsorge-ÄrztInnen)

·      Augenheilkunde und Optometrie: 6 mit Kassenvertrag; 9 ohne Kassenvertrag

·      Radiologie: 5 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag

·      Kinder- und Jugendheilkunde: 2 mit Kassenvertrag; 6 ohne Kassenvertrag

·      Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 6 mit Kassenvertrag; 16 ohne Kassenvertrag (+ 2 Vorsorge-ÄrztInnen)

·      HNO: 5 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag

·      Neurologie: 2 mit Kassenvertrag; 15 ohne Kassenvertrag

·      Lungenkrankheiten: 2 mit Kassenvertrag; 3 ohne Kassenvertrag

·      Haut- und Geschlechtskrankheiten: 6 mit Kassenvertrag; 10 ohne Kassenvertrag

·      Urologie: 3 mit Kassenvertrag; 10 ohne Kassenvertrag