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21.09.2022

Danner / Fallmann: Ärzte im Bezirk Scheibbs schmerzlich vermisst

Landarztgarantie der ÖVP gescheitert

Im Bezirk Scheibbs fehlen Haus- und FachärztInnen mit Kassenvertrag. „Dass mehr Ärzte benötigt werden, liegt daran, dass die Bevölkerung immer mehr wächst. Auch die Lebenserwartung steigt und damit der Anteil alter und kranker Menschen. Doch nicht nur für sie fehlen Ärzte, sondern auch für die kleinen und jüngeren PatientInnen“, erklärt SPÖ Bezirksvorsitzender Andreas Danner, der einen Überblick über die ärztliche Versorgung im Bezirk Scheibbs gibt, in dem knapp 42.000 Menschen leben. Jeweils 1.733 kommen auf eine/n AllgemeinmedizinerIn mit Kassenvertrag. Auf FachärztInnen mit Kassenvertrag kommen im Bereich Innere Medizin 41.583 BürgerInnen, in der Kinder- und Jugendheilkunde 23.995 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahren, in der Urologie 5.113 Männer älter als 65 Jahre, in der Gynäkologie 10.427 Frauen und bei Lungenerkrankungen 41.583 PatientInnen.

„Die Landeshauptfrau hat vor vier Jahren den NiederösterreicherInnen die Garantie dafür gegeben, dass auch in Zukunft alle Landarztpraxen besetzt sind, um die Menschen wohnortnah und kompetent zu versorgen“, erinnert Danner: „Die Realität ist leider eine andere, auch wenn es derzeit im Bezirk Scheibbs 24 AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag gibt. Die wachsende Bevölkerungszahl, die kommende Pensionierungswelle bei den Hausärzten und der fehlende Ausbildungsschub werden es notwendig machen, dass die Kassenstellen bei den AllgemeinmedizinerInnen aufgestockt werden. In vielen Gemeinden gibt es keine AllgemeinmedizinerInnen mehr: Vakant sind derzeit zwei Vertragsarztstellen in Scheibbs, hier wird seit 2021 gesucht. Auch in Gaming wird seit etwa einem Jahr erfolglos versucht, die Stelle für Allgemeinmedizin neu zu besetzen. Ähnlich in Wieselburg, hier wird seit drei Jahren gesucht und besonders prekär ist die Situation in Gresten. Hier wird seit 1. April 2016 ein Allgemeinmediziner gesucht – bislang erfolglos.“ Um den Standort attraktiver für neue Mediziner zu machen, wurde das Arzthaus von der Gemeinde renoviert. Einen zweiten Allgemeinmediziner hat das nicht angelockt. „Der niedergelassene Bereich für die medizinische Versorgung der Bevölkerung muss gestärkt werden, um eine gute ärztliche Versorgung für alle aufrecht zu erhalten. Alles Sparprogramme im österreichischen Gesundheitswesen erklären wir als gescheitert“, stellt Danner nüchtern fest.

Die SPÖ NÖ arbeitet an Lösungen, die sie – so wie das KinderPROgramm und das PflegePROgramm – mit allen politischen Fraktionen diskutieren wird, um das bestmögliche Angebot für die PatientInnen herauszuholen. „Wir alle brauchen die Sicherheit, dass sowohl für Vorsorge- und Routineuntersuchungen als auch für Notfälle ärztliche Versorgung gewährleistet ist!“, sagt Danner. Dazu gehören etwa die Wiedereinführung des Gemeindearztes, Verbesserung des Facharztangebots durch beispielsweise PVZ, Gruppenpraxen oder Anstellung von ÄrztInnen in bestehenden Praxen, im Rahmen der medizinischen Ausbildung könnten Studienplätze für Niederösterreich reserviert werden. Danner: „Vorsorge ist immer besser als Nachsorge – deswegen fordern wir einen Ausbau der KassenärztInnenstellen, damit alle Menschen gut auf ihre Gesundheit schauen können.“

Zwt.: Fallmann: Gemeinden wird die Verantwortung aufgebürdet

„Viele ÄrztInnen sind an ihrem Limit angekommen. Sie würden gerne neue PatientInnen aufnehmen, können aber nicht, weil es keine Kapazitäten mehr gibt“, weiß der Vorsitzende des sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverbandes im Bezirk Scheibbs, Vizebürgermeister Andreas Fallmann aus Gaming: In vielen Gemeinden wurden die Planstellen zig-Mal erfolglos ausgeschrieben. Inzwischen seien die Gemeinden diejenigen, die sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die hausärztliche Versorgung gesichert ist. In Gresten werde, wie bekannt ist, seit sechs Jahren ein/e AllgemeinmedizinerIn gesucht, eine Praxis sei vorhanden, die Gemeinde sei bereit, finanzielle Unterstützung zu leisten. „Nicht die Zuständigen im Bund, Land NÖ und der österreichischen Gesundheitskassa sind diejenigen, die für Ersatz kämpfen, wenn jemand in Pension geht – es sind die BürgermeisterInnen, die GemeindevertreterInnen, denen die medizinische Sicherheit ihrer BürgerInnen am Herzen liegt. Weil eine gute medizinische Versorgung zur Lebensqualität dazu gehört. Immer wieder hört man von BürgermeisterInnen, dass sie professionelle Scouts einsetzen müssen, die für viel Geld Interessenten für Landarztpraxen finden sollen. Den ‚Zuschlag‘ bekommt in den meisten Fällen jene Gemeinde, die auch für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen kann – beispielsweise Investitionshilfen bei der Übernahme von Praxen. Die Verantwortung wurde damit den Gemeinden aufgebürdet.“ erklärt Fallmann.

 

Rechenbeispiel 1 – Kinder- und Jugendheilkunde:


  • Im Bezirk Scheibbs gibt es einen Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde mit Kassenvertrag. Auf diesen Facharzt kommen 6.499 junge PatientInnen bis 15 Jahre. Hätte dieser alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste er täglich 18 Patientinnen behandeln. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag bis Freitag aus, wären das 26 Patientinnen täglich.

Rechenbeispiel 2 – Urologe:


  • Im Bezirk Scheibbs gibt es einen Urologen mit Kassenvertrag. Wenn man nur die Männer über 60 Jahre heranzieht, so kommen auf einen Urologen 5.113 Patienten über 60. Hätte dieser alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste er täglich 14 Männer untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus, wären das etwa 20 Männer täglich. Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60, für die ebenso die Empfehlung ausgesprochen ist einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zu kommen.

EinwohnerInnen des Bezirks Scheibbs (Quelle: www.noel.gv.at):


  • Gesamt: 41.583 (20.729 Männer; 20.854 Frauen)
  • Unter 15: 6.499 (3.316 m; 3.183 w)
  • 15 – 60 Jahre: 23.995 (12.300 m; 11.695 w)
  • 60 Jahre und älter: 11.089 (5.113 m; 5.976 w)

ÄrztInnen der wichtigsten Fachrichtungen im Bezirk Scheibbs (Quelle: www.arztnoe.at):


  • Allgemeinmedizin: 24 mit Kassenvertrag; 10 ohne Kassenvertrag
  • Allgemeine Chirurgie und Viszalchirurgie: 1 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag
  • Anästhesiologie und Intensivmedizin; 0 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag
  • Augenheilkunde und Optometrie: 2 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag
  • Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 2 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag
  • Geriatrie (Zusatzfach): 1 mit Kassenvertrag, 0 ohne Kassenvertrag
  • Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde: 1 mit Kassenvertrag, 0 ohne Kassenvertrag
  • Innere Medizin: 1 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag (+ 1 Vorsorge-ÄrztInnen)
  • Kinder- und Jugendheilkunde: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag
  • Lungenkrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag
  • Neurologie: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag
  • Orthopädie und orthopädische Chirurgie: 1 mit Kassenvertrag, 0 ohne Kassenvertrag
  • Orthopädie und Traumatologie: 0 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag
  • Plastische, rekonstruktive und ästhetische Medizin: 0 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag
  • Psychiatrie: 1 mit Kassenvertrag, 0 ohne Kassenvertrag
  • Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin: 0 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag
  • Radiologie: 2 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag
  • Unfallchirurgie: 0 mit Kassenvertrag, 1 ohne Kassenvertrag
  • Urologie: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag



Foto (v.l., ©SPÖ Mostviertel/Leeb): SPÖ-Bezirksvorsitzender Andreas Danner, GVV Bezirks-Vorsitzender Andreas Fallmann