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21.09.2022

Ärzte im Bezirk Mistelbach schmerzlich vermisst

Landarztgarantie der ÖVP gescheitert

Im Bezirk Mistelbach fehlen Haus- und Fachärzte mit Kassenvertrag. „Dass mehr Ärzte benötigt werden, liegt daran, dass der Bezirk immer weiter wächst – alleine in den letzten 40 Jahren um etwa 6.000 EinwohnerInnen, auf 76.073. Auch die Lebenserwartung steigt und damit der Anteil älterer und kranker Menschen“, erklärt SPÖ-Bezirksparteivorsitzende NRin Melanie Erasim, die einen Überblick über die ärztliche Versorgung im Bezirk Mistelbach gibt.


Jeweils 1.902 EinwohnerInnen kommen auf eine/n AllgemeinmedizinerIn mit Kassenvertrag. Auf FachärztInnen mit Kassenvertrag kommen im Bereich Innere Medizin 15.215 BürgerInnen, in der Kinder- und Jugendheilkunde 10.229 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre, in der Urologie 5.362 Männer, älter als 60 Jahre, in der Gynäkologie 19.216 Frauen und bei Lungenerkrankungen 76.073 potentielle PatientInnen.

„Die Landeshauptfrau hat vor vier Jahren den NiederösterreicherInnen die Garantie dafür gegeben, dass auch in Zukunft alle Landarztpraxen besetzt sind, um die Menschen wohnortnah und kompetent zu versorgen“, erinnert Erasim: „Die Realität ist leider eine andere, auch wenn es derzeit im Bezirk Mistelbach 40 AllgemeinmedizinerInnen mit Kassenvertrag gibt. Die wachsende Bevölkerungszahl, die kommende Pensionierungswelle bei den Hausärzten und der fehlende Ausbildungsschub werden es notwendig machen, dass die Kassenstellen bei den AllgemeinmedizinerInnen aufgestockt werden.“

Immer wieder würden ÄrztInnen an Erasim herantreten und von ihren Sorgen und Herausforderungen berichten. Dadurch dass es zu wenige Ärzte mit Kassenvertrag gibt, müsse, meint Erasim „verstärktes Augenmerk auf die Arbeitsbelastung der MedizinerInnen und auf die Bedürfnisse der PatientInnen gelegt werden.“


Die SPÖ NÖ arbeitet an Lösungen, die sie – so wie das KinderPROgramm und das PflegePROgramm – mit allen politischen Fraktionen diskutieren wird, um das bestmögliche Angebot für die PatientInnen herauszuholen. Wir alle brauchen die Sicherheit, dass sowohl für Vorsorge- und Routineuntersuchungen als auch für Notfälle ärztliche Versorgung gewährleistet ist!“ Dazu gehören etwa die Wiedereinführung des Gemeindearztes, Verbesserung des Facharztangebots durch beispielsweise PVZ, Gruppenpraxen oder Anstellung von ÄrztInnen in bestehenden Praxen, im Rahmen der medizinischen Ausbildung könnten Studienplätze für Niederösterreich reserviert werden.


Zwt.: GVV-Bezirksvorsitzender Mag. Erich Trenker will ein Gesundheitssystem, das für alle da ist und darauf schaut, dass sowohl präventiv als auch akut jedem die notwendige Behandlung zuteil wird

„Viele ÄrztInnen sind an ihrem Limit angekommen. Sie würden gerne neue PatientInnen aufnehmen, können aber nicht, weil es keine Kapazitäten mehr gibt“, weiß der Vorsitzende des Gemeindevertreterverbandes der SPÖ im Bezirk Mistelbach Erich Trenker: „Es zeigt sich, dass die Landarztgarantie der ÖVP wertlos ist.“ Inzwischen seien die Gemeinden die einzigen, die sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die hausärztliche Versorgung gesichert ist. Vakant ist derzeit etwa eine Kassenarztstelle in Laa/Thaya, wo seit 1.10.2020 ein/e AllgemeinmedizinerIn gesucht wird. Oder in Mistelbach, wo bereits seit 1.7.2020 eine Hausarztstelle ausgeschrieben ist. Ebenfalls in Mistelbach ist seit 1.7.2021 eine Kassen-Hautarztstelle unbesetzt. „Nicht die Zuständigen im Bund, Land NÖ und der österreichischen Gesundheitskassa sind diejenigen, die für Ersatz kämpfen, wenn jemand in Pension geht“, weiß Trenker: „Es sind die GemeindevertreterInnen, denen die medizinische Sicherheit ihrer BürgerInnen am Herzen liegt. Weil eine gute medizinische Versorgung zur Lebensqualität dazu gehört.“

Vor allem die Verantwortlichen des Landes NÖ – zuvorderst Landeshauptfrau Mikl-Leitner - die vollmundig Garantien aussprechen, seien gefordert für die notwendigen Besetzungen der Stellen zu sorgen, verlangt Trenker Initiative: „Wenn für 76.073 MistelbacherInnen genau 1 Lungen-Facharzt mit Kassenvertrag zur Verfügung steht - und das in einer Pandemie-Situation, mit Auswirkung auf dieses Organ - spricht das ohnehin Bände.“


Auch in einem besonders heiklen Bereich der Vorsorge ortet die SPÖ-Bezirksfrauenvorsitzende und Spitzenkandidatin des Bezirks für die Landtagswahl, Claudia Musil, Engpässe, die auch etwa auf die vorhandenen FrauenärztInnen, KinderärztInnen, etc. umgelegt werden könnten: „Wir haben im Bezirk Mistelbach genau zwei Urologen mit Kassenvertrag. Das sagt der Menschenverstand, dass sich das nicht ausgehen kann und dass die Mistelbacher entweder gezwungen sind zu einem Wahlarzt auszuweichen und zu zahlen oder dass sie erst gar nicht hingehen. Damit riskieren sie behandelbare Erkrankungen nicht rechtzeitig zu erkennen. Beides wollen wir nicht. Beides kann nicht im Sinne handelnder Politik sein und ist in jedem Fall nicht im Sinne der Sozialdemokratie. Wer Steuern zahlt, soll dann auch auf die Leistungen des Staates zugreifen können. Und dazu gehört ein Gesundheitssystem, das für alle da ist und darauf schaut, dass sowohl präventiv als auch akut jedem die notwendige Behandlung zuteil wird.“


Rechenbeispiel 1 - Urologe:


Im Bezirk gibt es 2 Urologen. Wenn man nur die Männer über 60 Jahre heranzieht, so kommen auf einen Urologen 5.362 Patienten über 60. Hätte dieser alle 365 Tage des Jahres geöffnet, müsste er täglich 15 Männer untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus, wären das etwa 21 Männer täglich. Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60, für die ebenso die Empfehlung ausgesprochen ist einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zu kommen.


Rechenbeispiel 2 – FrauenärztInnen:


Im Bezirk gibt es genau 2 FrauenärztInnen mit Kassenvertrag. Wenn wir jetzt nur die Frauen über 60 Jahre heranziehen, so kommen auf eine/n FrauenärztIn 6.135 Patientinnen über 60. Empfohlen ist ab 45 Jahren einmal im Jahr eine Mammografie zu absolvieren. Hätten die beiden FrauenärztInnen 365 Tage im Jahr geöffnet, müssten sie täglich knapp 17 Frauen über 60 untersuchen. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus wären etwa 25 Frauen über 60 täglich. Und dabei reden wir noch nicht von jener Altersgruppe zwischen 45 und 60.




Selbiges Beispiel anhand der FachärztInnen für Kinder- und Jugendheilkunde:


Im Bezirk gibt es genau 1 Kinderarzt/Kinderärztin mit Kassenvertrag. Wenn wir jetzt nur Kinder und Jugendliche unter 15 Jahre heranziehen, so kommen auf diese/n Kinderarzt/Kinderärztin 10.229 Kinder und Jugendliche. Geht man davon aus, dass einmal im Jahresrund durchschnittlich jedes Kind einmal behandelt werden muss – was bei manchen öfter der Fall ist, beim anderen vielleicht gar nicht – und treffen wir die weitere Annahme diese/r hätte 365 Tage im Jahr geöffnet, müsste er/sie täglich 28 Kinder und Jugendliche behandeln. Rechnet man die Samstage, Sonn- und Feiertage weg und geht von Öffnungszeiten von Montag-Freitag aus wären das etwa 41 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren täglich.


EinwohnerInnen des Bezirks Mistelbach (Quelle: www.noel.gv.at):


Gesamt: 76.073 (37.642 Männer; 38.431 Frauen)

Unter 15: 10.229 (5.243 m; 4.986 w)

15 – 60 Jahre: 42.851 (21.675 m; 21.176 w)

60 Jahre und älter: 22.993 (10.724 m; 12.269 w)


ÄrztInnen der wichtigsten Fachrichtungen im Bezirk Mistelbach (Quelle: www.arztnoe.at):


Allgemeinmedizin: 40 mit Kassenvertrag; 20 ohne Kassenvertrag (+ 12 Vorsorge-ÄrztInnen)

Innere Medizin: 5 mit Kassenvertrag; 8 ohne Kassenvertrag (+ 3 Vorsorge-ÄrztInnen)

Augenheilkunde und Optometrie: 2 mit Kassenvertrag; 7 ohne Kassenvertrag

Radiologie: 2 mit Kassenvertrag; 3 ohne Kassenvertrag

Kinder- und Jugendheilkunde: 1 mit Kassenvertrag; 4 ohne Kassenvertrag

Frauenheilkunde und Geburtshilfe: 2 mit Kassenvertrag; 5 ohne Kassenvertrag (+ 1 Vorsorge-ÄrztInnen)

HNO: 1 mit Kassenvertrag; 6 ohne Kassenvertrag

Neurologie: 0 mit Kassenvertrag; 5 ohne Kassenvertrag

Lungenkrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 0 ohne Kassenvertrag

Haut- und Geschlechtskrankheiten: 1 mit Kassenvertrag; 2 ohne Kassenvertrag

Urologie: 2 mit Kassenvertrag; 2 ohne Kassenvertrag